Die kfw economic research hat ein Papier (Kfw Economic Research Nr. 85, 23. März 2015, "Alterung im Mittelstand bremst Investitionen") vorgelegt, in dem die Autoren Dr. Michael Schwarz und Juliane Gerstenberger belegen, dass es im deutschen Mittelstand immer mehr ältere Unternehmensinhaber gibt, die immer weniger investieren. Das hat Folgen für die gesamte wirtschaftliche Situation in Deutschland. Unternehmensvermittler Markus Pott weist auf ein weiteres Problem hin: Unternehmen mit Investitionsstau sind nur noch schwer bis gar nicht verkäuflich. Die ohnehin schwierige Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich somit noch komplizierter.
Die Zahlen des kfw-Mittelstandspanel 2003-2014 lassen keinen Zweifel zu: Mehr als 1,3 Millionen Inhaber mittelständischer Unternehmen sind heute 55 Jahre oder älter. Das heißt, ein Drittel aller Unternehmenslenker ist in dem Alter, in dem der Ruhestand bevorsteht und die Suche nach einem Nachfolger beginnt. Letzteres gestaltet sich zunehmend schwierig, weil es demografisch bedingt immer weniger nachrückende junge Existenzgründer gibt. Umso entscheidender ist es, dass Unternehmen, die vor dem Verkauf stehen, gut aufgestellt sind. „Leider macht das kfw-Papier sehr deutlich, dass dies immer seltener der Fall ist“, sagt Unternehmensvermittler Markus Pott. In der Studie heißt es: „Die Neigung zu investieren, sinkt mit zunehmendem Inhaberalter. (…) So beträgt zwischen 2004 und 2013 der durchschnittliche jährliche Unterschied der Investorenanteile zwischen der niedrigsten und der höchsten Altersklasse 20 Prozentpunkte. Während KMU jüngerer Inhaber zu 57 % Investitionen vornehmen, liegt die Bereitschaft Investitionen zu tätigen bei den Unternehmen älterer Inhaber lediglich bei 37 %.“
Unterlassene Investitionen und Entscheidungen haben negative Folgen
Die Investitionen, die getätigt werden, dienen zudem in erster Linie der Pflege des bestehenden Kapitalstocks. Investitionen zur Kapazitätserweiterung spielen nur eine untergeordnete Rolle. Markus Pott: „Dieses Verhalten älterer Unternehmer hat oft noch weitere Komponenten. So werden auch wichtige Entscheidungen hinausgezögert, etwa zu modernen Kommunikationstechniken, Fortbildungen und Qualifizierungen der Mitarbeiter, Vertriebsstrategien oder generell zu Personalentscheidungen.“ Die Erkenntnisse des kfw-Papiers decken sich mit den Erfahrungen, die Markus Pott in seinem Berufsalltag macht. Seit mehr als 15 Jahren vermittelt er Unternehmen und begleitet den Übergabeprozess. „Leider sehen die betroffenen Inhaber häufig nicht die Folgen ihres Verhaltens. Denn das Unterlassen von Entscheidungen – sei es für Investitionen oder andere Dinge – hat volkwirtschaftliche und auch ganz persönliche, betriebswirtschaftliche Konsequenzen für das Unternehmen und die Mitarbeiter.“ Heißt im Klartext: Diese Unternehmen erzielen bei einem Verkauf an einen Nachfolger weniger Erlös oder sind überhaupt nicht mehr verkäuflich.
Je älter der Inhaber desto wahrscheinlicher der Substanzverlust des Unternehmens
Auch die Autoren des kfw-Papiers kommen zu einem ähnlichen Schluss: „Bei acht von zehn mittelständischen Unternehmen mit älteren Inhabern übersteigt der Wertverlust des Kapitalstocks (Abschreibungen) das Volumen der Neuinvestitionen.“ Sie kommen daher zu dem Schluss: „Je älter der Inhaber desto wahrscheinlicher ist ein Substanzverlust aufgrund negativer Nettoinvestitionen.“
Die Gründe für das zögernde Investitionsverhalten sind vielfältig: So ist der Planungshorizont älterer Inhaber kürzer. Rückt der Inhaber näher an das Renteneintrittsalter heran, besitzen viele Investitionen aus Inhabersicht eine zu lange Amortisationsdauer. Hinzu kommt eine eher pessimistische Zukunftserwartung im Vergleich zu jüngeren Unternehmensinhabern.
Markus Pott kennt noch einen weiteren Grund: „Viele Unternehmer wollen noch drei, vier Jahre ,machen‘, um Geld für ihren Ruhestand zu erwirtschaften. Das ist besonders kurzsichtig, denn davon profitiert letztlich nur das Finanzamt. Wer so lange nicht investiert und Entscheidungen hinauszögert, dessen Unternehmen ist nicht nur schwieriger und zu einem niedrigeren Preis verkäuflich, sondern im Zweifel gar nicht mehr verkäuflich. Und - operative Gewinne sind im Durchschnitt doppelt so hoch zu versteuern, wie ein Veräußerungsgewinn. Das Hinauszögern einer unvermeidlichen Nachfolgeregelung ist somit finanziell auch für den Unternehmer sinnlos, weil das gewünschte Ziel so nicht erreicht wird.“